Direkt zum Hauptbereich

Cool: The Birth of Indiepop - c86














Seien wir doch mal ehrlich. Wirklich ergiebig stellen sich die meisten der heutigen Beilagen diverser Musikzeitschriften nicht dar. Vor allem nicht, wenn es sich um diverse CD-Kompilationen handelt, die mal mehr, meistens aber eher weniger Qualität aufweisen und ihrem eigentlichen Zweck, dem anfixen für neue Alben etc., eher selten nachkommen. Hin und wieder tauchen mal hier und da ein paar nette 7"-Vinyl-Single auf, aber in der Regel landen diese CD-Dinger auf einem großen Haufen weiterer, oft ungehörter Exemplare dieser völlig unnötigen Gattung Tonträger...

Dass es mal zu weitreichenden Ausnahmen kommen kann und eine kompilierte Tape-Beilage durchaus schon mal bahnbrechenden Erfolg haben konnte, zeigte im Jahre 1986 ein Tape der englischen Musikzeitschrift NME. Mit C86 in Anlehnung an die auf Leercassetten typischerweise angegebenen Bandlängen (C30, C60, C90, C120...) und dem Jahr des Erscheinens benannte Compilation (und natürlich dem Bezug auf die 1981 erschienene Cassette c81), begann das Zeitalter des Indiepop. Sie sollte eine zentrale Rolle in der Entwicklung der Indie-Musik aus dem langen Schatten des großen Bruders Postpunk einnehmen...

Und 1986 war Indie tatsächlich noch Independent. Wenn sie überhaupt einen Plattenvertrag besaßen, waren die Bands in der Regel bei wirklich unabhängigen Labeln, wie The Subway Organisation oder auch dem schon etwas größeren Indie Rough Trade (bei dem übrigens später eine Vinyl-Version des Samplers aufgelegt werden sollte) unter Vertrag. Indie war noch eine Frage der Haltung und es ging um alles, nur nicht darum, berühmt zu werden. Zumindest wurde dieses Image nach Aussen hin gepflegt...

Beeinflusst von den auch gerade erst groß gewordenen Helden dieses Gitarrenpop, wie beispielsweise The Jesus And Mary Chain oder natürlich die bahnbrechenden The Smiths, machten sich zahlreiche junge Bands auf, Popmusik zu machen, die sich zum einen vom schnöden Stadionrock abgrenzte, zum anderen aber alles andere als massenkompatibel war. Die Melodien waren oft mit Attributen wie süß oder niedlich verbunden, woher auch der Begriff Twee-Pop (twee = "niedlich") entsprang. Dennoch war da aber auch gleichzeitig eine Ummantelung dieser Melodien mit schrägen, schrammeligen und oft auch durchaus schnell gespielten Gitarren...

Die auf dem Sampler vertretene Musik ist auch sicher nicht durchgängig eine homogene Masse, sondern musikalisch schon sehr vielschichtig. Neben dem, was man heute und in Folge des Tapes eigentlich mit c86 verbindet, findet man da auch sehr experimentielle, teils auch avantgardistische Musik. Man höre sich nur mal die Titel der Bands Bogshed, Mackenzies oder The Shrubs an. So gesehen war es schon ein kluger Schachzug des NME c86 als "Szene" zu vermarkten...

Aber auch im Bereich Indiepop geschah das, was im Prinzip immer geschieht. Die musikalischen Vorreiter kennen heute wie damals eigentlich nur Eingeweihte, aber diejenigen, denen Sie den Weg geebnet haben, wurden vielfach berühmt und sehr oft auch sehr reich. Bei manchen war der Ruhm von kurzer Dauer, bei anderen Acts aber auch über ihre blosse Existenz hinaus. Gruppen wie Oasis, Coldplay, Blur, Kaiser Chiefs, Maximo Park, Babyshambles und wie sie alle heissen und so unterschiedlich sie sich auch alle entwickelt haben, speisen sich alle aus einer Quelle, die 1986 zu sprudeln begann...


Tracklisting NME c86 Tape

    Seite A:
    Primal Scream - Velocity Girl
    The Mighty Lemon Drops - Happy Head
    The Soup Dragons - Pleasantly Surprised
    The Wolfhounds - Feeling So Strange Again
    The Bodines - Therese
    Mighty Mighty - Law
    Stump - Buffalo
    Bogshed - Run To The Temple
    A Witness - Sharpened Sticks
    The Pastels - Breaking Lines
    The Age of Chance - From Now On, This Will Be Your God

    Seite B:
    The Shop Assistants - It's Up To You
    Close Lobsters - Firestation Towers
    Miaow - Sport Most Royal
    Half Man Half Biscuit - I Hate Nerys Hughes (From The Heart)
    The Servants - Transparent
    The MacKenzies - Big Jim (There's no pubs in Heaven)
    bIG fLAME - New Way
    Fuzzbox - Console Me
    McCarthy - Celestial City
    The Shrubs - Bullfighter's Bones
    The Wedding Present - This Boy Can Wait


Neben dem Tape ist das Werk über die bald 30-jährige Existenz auch schon auf Vinyl und CD erschienen. Zur Zeit ist eine weitere 3CD-Compilation in Vorbereitung, die neben den ursprünglichen Titeln noch viele weitere der "Szene" zugeordneten Bands und Songs enthält. Diese DeLuxe-Box wird über Cherry Red Records vertrieben...