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Es lebt! - Über das nun jahrelang andauernde Comeback eines medialen Zombies...

pic by 33rpmpvc.de



















Wäre es nach der Musikindustrie gegangen, wäre der im Allgemeinen als Vinylscheibe bekannte Tonträger längst ein Relikt vergangener Tage und nur noch Nostalgiker mit einem entsprechend großen Geldbeutel könnten sich aus romantisch-verklärter Sicht dem Thema Schallplatte widmen. Seit Mitte der 80er Jahre begann der vermeintliche Siegeszug der Compact-Disc. Bereits Anfang der 90er wurden doppelt so viele CDs verkauft wie Langspielplatten. Der „Tod der Schallplatte“war beschlossene Sache und "alternativlos", wie unsere Kanzlerdarstellerin wohl sagen würde...

Durch die 90er Jahre wanderte dieses Rudiment der Musikwiedergabe nun durch die Nischen des musikaffinen Teils der Menschheit. Notorische Sammler, DJs oder einfach nur Analogfanatiker waren wohl diejenigen, die die Flagge des Widerstands gegen die zunehmende Digitalisierung von Musik hochhielten...

Nun ist es beileibe nicht so, als hätte sich das Blatt wieder grundsätzlich gedreht. Allerdings scheint es zum einen so, dass die gegenüber der Schallplatte immer noch relativ umsatzstarke CD (in 2012 93 Mio. verkaufte CDs gegenüber 1 Mio. verkaufter Vinyls) von ihren eigenen digitalen Kindern, also MP3 und Co., gefressen wird und es
fraglich ist, ob der Umsatzrückgang der CD überhaupt zu stoppen ist. Aber das ist auch ein anderes Thema...

Der Vinylplatte geht es jedenfalls so gut wie lange nicht mehr. Das scheinbare Comeback, welches durch allerlei Berichterstattung in verschiedensten Medien und auf manchmal skurrile Art und Weise begleitet wird, dehnt sich mittlerweile allerdings schon ein paar Jahre aus. Natürlich freut es mich, dass die Schallplatte wieder relativ oft thematisiert wird, denn wer liest nicht gerne etwas über sein liebstes Hobby oder sieht gerne etwas darüber im TV?

Manchmal jedoch wird es auch in dieser Berichterstattung befremdlich, denn nun sind mir tatsächlich schon einige Berichte untergekommen, in denen die Vinylscheibe als reines kapitalistisches Spekulationsobjekt beschrieben wurde. Platten sammeln anstelle von Optionsscheinen und Aktien? Zu verhindern ist solch ein Schwachsinn sicher nicht; und ist gerade durch Plattformen wie Musicstack oder Discogs, die dies sicher so nicht zum Ziel hatten und (so hoffe ich zumindest) nicht auf die Einführung eines Vinyl-Index neben dem DAX oder NASDAQ geschielt haben, erst weltweit möglich geworden. Es gibt halt keine Beschränkungen mehr, mit seltenen oder gesuchten Platten entsprechend zu handeln, selbst wenn man nicht den Hauch einer Ahnung hat. Und das weltweit...

 Natürlich nutzen auch herkömmliche Sammler diese Plattformen. Ich selbst natürlich auch. Vergleichbar mit dem Stöbern auf einschlägigen Plattenbörsen, Flohmärkten oder 2nd-Hand-Läden ist das allerdings nicht. Dass allerdings kräftig an der Preisschraube gedreht wird, merkt man m. E. aber sehr wohl. Zu ändern ist es wohl aber nicht. Die vollständige Kommerzialisierung aller erfolgreichen Lebensbereiche ist nun mal ein Wesensmerkmal des Kapitalismus. Wenn auch kein schöner...

Selbst der Record Store Day, der ja nun grundsätzlich eine sehr begrüßenswerte Einrichtung darstellt und von seinen Initiatoren auch überaus gut gemeint und vor allem gemacht wird, bewegt sich durch die künstliche Verknappung der Ware Vinyl in kritischem Fahrwasser.

Ausgerechnet hier setzen einige der alten Schlachtschiffe der Phonoindustrie zum Gegenschlag (mit fast schon "sozialistischen" Zügen) an und veröffentlichen mittlerweile große Teile ihres immensen Back-Katalogs und bringen dadurch auch wieder eine Menge Material zu halbwegs vernünftigen Preisen unters Volk. Zudem oft wieder in steigender Qualität (wenn man mal an die dünnen Plastiklappen der 90er Jahre denkt), sodass es durchaus auch sammeltechnisch eine echte Alternative ist, eine neuwertige Ausgabe eines Albums zu kaufen anstelle einer extrem verteuerten "Sammler-Variante". Uneigennützigkeit würde ich den Branchenriesen dennoch nicht ernsthaft unterstellen wollen...

Dass es nun insgesamt recht spannend bleibt, in einem schon fast als ausgestorben geltenden Segment, ist dennoch eine Erfolgsstory und gibt einem einfach das gute Gefühl, Recht behalten zu haben, an diesem faszinierenden Hobby und der einfach schönsten Weise Musik zu empfinden, festzuhalten...